Rede zur Demo – Nie wieder ist jetzt

Rede von Dr. Linda Frey zur Demonstration gegen Rechtsextremismus, am 15. Februar auf dem Fliednerplatz Nieder-Ramstadt.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

mein Name ist Linda Frey. Ich stehe hier gemeinsam mit Niels Starke, weil es Dinge gibt, die wichtiger sind als Wahlkampf. Wichtig ist, was in den Herzen der Menschen passiert.

Die CDU steht politisch rechts der Mitte, die Grünen stehen links der Mitte. Beides hat seine Berechtigung und auf beiden Seiten gibt es wichtige Themen und Ideen. Klar streiten wir in der Gemeindevertretung, natürlich stürzen wir uns beherzt in den Wahlkampf und wollen den Sieg für die eigene Position erringen.

Da geht es manchmal hoch her. Das ist alles völlig in Ordnung, denn das ist gelebte Demokratie. Wovon wir uns hier und heute abgrenzen, ist Rechtsextremismus. 

Im Nationalsozialismus wurden Juden verfolgt und vernichtet. Menschen mit Behinderung wurden weggesperrt und sollten nicht am Leben der anderen. „Normalen“ Menschen teilnehmen.
Heute gibt es wieder Stimmen, die pauschal diskriminieren, die Menschen wegen ihrer Herkunft, der Hautfarbe rassistisch beleidigen und ausgrenzen wollen.

Eine Folge ist, dass heute wieder schwule, lesbische und generell queere Menschen bedroht und ausgegrenzt werden. Auch in unserer schönen Gemeinde erleben schwarze und queere Menschen Beleidigungen und Ausgrenzung.

All das ist nicht in Ordnung.

Alle Menschen, die hier leben, gehören zu unserer Gemeinschaft.
Sie haben Rechte und verdienen es, wie jeder andere auch, mit Respekt behandelt zu werden.

Dieser Ort, auf dem wir uns heute versammeln, erinnert uns daran, welcher Umgang mit behinderten Menschen früher üblich war. Und welche Opfer das gefordert hat. 

Jedes Jahr treffen wir uns hier an diesem Buch und gedenken der Mühltaler Opfer im Nationalsozialismus. In dem Baugebiet, das hier entstehen wird, werden drei Straßen nach Opfern benannt, damit wir NIE WIEDER vergessen. Denn NIE WIEDER ist jetzt.

Seit langem arbeitet die AfD Pläne aus, Menschen mit Migrationshintergrund wieder zurück in ihre Herkunftsländer zu überführen. Bei dem Treffen, das der Auslöser für die derzeitige Protestwelle gegen Rechtsextremismus ist, hatten unterschiedliche rechte Politikerinnen und Politiker und andere Akteure ihre Pläne für eine „Re-Migration“, auch der Menschen, die schon lange mit einem deutschen Pass hier leben, vorgestellt.

Rechtsextremes Gedankengut ist wieder auf dem Vormarsch. Wie schnell steht man bei den ultrarechten Gruppierungen dann selbst auf der Abschussliste? Dazu braucht man keinen Migrationshintergrund. Es reicht schon, grüne Politikerin zu sein.

Genug von den düsteren Themen. Ich habe es vorhin gesagt: Wichtig ist, was in den Herzen der Menschen passiert. Und da bewegt sich gerade so viel!

Ich bin überwältigt von den vielen Demonstrationen im ganzen Land, und von euch vielen Menschen hier. Ihr steht auf, und ihr sagt: Nein, meine Kolleginnen aus aller Welt bleiben hier! Meine Freunde, meine Mitschülerinnen, meine Nachbarn aus aller Welt – bleiben hier! Wir schließen sie in unser „Wir“ mit ein und sagen: Wir bleiben hier, wir gehören zusammen hier her.

Und auch alle Menschen, die bei der letzten Landtagswahl die AfD gewählt haben, gehören hierher.
Das waren 11 % der Wähler*innen in Mühltal. Ich bin 100 % sicher, dass die nicht alle ihr Kreuz dort gesetzt haben, weil sie die rechtsextremen Fantasien der AfD unterstützen wollen. Ich hoffe, viele davon sind heute hier.

Ich weiß, dass es viele Menschen gibt, die echte Probleme haben, auf die die Politik aktuell keine einfachen Antworten hat.

Ich wünsche mir, dass diese Menschen sich trauen, mit mir und mit anderen Politikerinnen und Politikern ins Gespräch zu kommen. Denn wir sind immer bereit, zuzuhören und zu probieren, was machbar ist. Nur so kann man gemeinsam echte Lösungen finden.

Dazu lade ich alle herzlich ein, denn das ist gelebte Demokratie.

Linda Frey