Von Kindern und Küken am Vogelteich in Traisa

Nach langen Auseinandersetzungen über das Für und Wider, das Wie und Ob des Zauns um den Vogelteich, zeichnet sich jetzt ein Kompromiss ab. 

Hintergrund der Angelegenheit war, dass in Nordhessen zwei Kinder in einem Löschteich ertrunken sind. Das Gericht hatte festgestellt, dass der Bürgermeister keine Sicherungsmaßnahmen getroffen hat und ihn deswegen verurteilt.

Dies löste in vielen Kommunen eine Diskussion und einen neuen Blick auf die Teiche im Ort aus. Auch am Vogelteich in Traisa wurden Gefahren erkannt und sogar in einem von der Gemeinde beauftragten Gutachten genauer bewertet. Bürgermeister Muth ließ daraufhin zuerst einen Holzzaun und danach noch an weiteren Bereichen einen Bauzaun aufstellen. Dieser verhindert nun effektiv, dass kleine und große Menschen ans Wasser gelangen. Und er versperrt die Aussicht auf die Wasserfläche, wenn man sich auf einer der Sitzbänke am Ufer ausruht.

Der Streit in der Gemeindevertretung war verhärtet. Aus der Verwaltung kam ein Antrag, der die Maßnahme “absegnen” sollte und einen Stabgitterzaun als dauerhafte Lösung vorschlug. In der Sitzung vor den Sommerferien weigerte sich die Gemeindevertretung darüber zu beschließen und gab das Thema in die Verwaltung und deren Verantwortung zurück. Der Bürgermeister legte daraufhin Widerspruch ein, denn er sei ja klar in der Pflicht, den Teich verkehrssicher zu machen. Im September wurde derselbe Antrag nochmals vorgelegt und dann von der Gemeindevertretung einstimmig abgelehnt. Nun sollte der Widerspruch vors Amtsgericht gehen. 

Um dem etwas absurden Streit zu entgehen und sich einer echten Lösung zu widmen, hatten die Grünen dann Ende September zu einem fraktionsübergreifenden Treffen am Vogelteich eingeladen. Es kamen dazu, neben Mitgliedern der Grünen, Vertreter der FDP, der Mühltaler, des Ortsbeirats Traisa und Bürgermeister Muth. (Zwei mitgebrachte Jungen zeigten anschaulich, wie trist der Teich hinter dem Zaun ist, denn sie konnten tatsächlich nicht drüber oder drunter klettern. Sie saßen dann, während die Erwachsenen redeten, auf der Bank und spielten am Tablet.)

Für uns Große war das Gespräch aber wirklich interessant und konstruktiv. Wir schauten uns die verschiedenen Stellen an, die im Gutachten als besonders gefährlich beschrieben waren. Am Wehr beidseitig ein Brückengeländer anzubringen, wäre sicher sinnvoll. Dort würden Kinder, die herunterfallen, direkt auf dem Beton landen und könnten sich verletzen. So ein Geländer muss aber nicht neben dem Wehr noch verlängert werden. Das Ufer ist dort als Wiese offen und etwas flacher. Ein Kind, was hineinfällt, würde von den Eltern schnell gesehen und wieder herausgezogen.

Das Ufer, was zu den Schrebergärten zeigt, ist deutlich steiler und durch die Büsche nicht gut einsehbar. Wenn hier ein Kind mit dem Laufrad voranflitzt und ins Wasser fällt, würde es möglicherweise nicht gleich gesehen, und könnte sich auch nicht leicht selbst retten. An solchen Stellen könnte der jetzige Holzzaun bleiben.

Dazwischen gibt es offene Bereiche mit Sitzbänken. Hier könnte man schön aufs Wasser schauen, wenn der Zaun nicht wäre. Unsere Idee ist hier, mit großen Steinen das Ufer soweit abzuflachen, dass Kinder hier direkt am Wasser spielen können. Oma und Opa sitzen auf der Bank und rufen: Aber fall nicht rein. Die Kinder matschen rum und werden trotzdem nass, aber das ist nicht schlimm. Das gehört dazu.

Grundsätzlich wäre es verkehrt, alle Lebensrisiken zu 100% absichern zu wollen. Wir wohnen in Mühltal nah an der Natur. Unsere Kinder spielen am Bach, im Wald, am Teich. Sie sollen lernen, die Gefahren einzuschätzen und lernen, wie man sich und die Natur schützt. 

Über den Naturschutz und die ökologische Bedeutung des Vogelteichs hatte uns Dr. Thomas Rehahn (Grüne) beim Treffen einiges erzählt. Leider hatten wir bei dem Treffen noch keinen Vertreter des Vereins Vogel- und Naturschutzgruppe Traisa dabei. Diese sind Pächter des Teichs und kümmern sich um die Pflege. Glücklicherweise konnten wir später noch einen Kontakt herstellen und haben von Martin Grohe von der Naturschutzgruppe viele wichtige Hinweise erhalten. 

So war beispielsweise eine unserer Ideen, mit dornigen Pflanzen den Zugang zum Teich für kleine Kinder etwas unattraktiver zu machen. Aber das würde auch die Entenfamilien stören. Die Vogeleltern gehen nicht durch Brombeeren, weil die Küken sich verletzen würden. Deshalb schneidet der Verein die Brombeeren beispielsweise bewusst immer wieder zurück.

Der jetzige Zaun ist ein störendes Hindernis für Enten, wenn sie auf der Suche nach Grünfutter außerhalb des Wassers unterwegs sind. Einerseits kommen sie nicht so leicht auf die angrenzenden Wiesen. Andererseits können sie auch nicht so leicht vor Hunden zurück ins Wasser fliehen.

Man sieht also: Vogelfamilien und Menschenfamilien geht es ähnlich. Man möchte ans Wasser gelangen, und wieder zurück. Man möchte Schutz finden und auf die Kleinen aufpassen können. Und die Kinder und Küken möchten was erleben, die abwechslungsreiche Natur genießen, und bei Gefahr ganz schnell wieder unter dem Gefieder der Eltern sein.

Am kommenden Montag (17.10.) wird das Thema in einer Sondersitzung der Gemeindevertretung im Bürgerhaus Traisa behandelt. Dem gemeinsamen Antrag der Grünen und der FDP hat sich auch die CDU noch angeschlossen. Wir beantragen, dass anstelle des aktuellen dichten Zauns eine ökologische, ästhetische und kostengünstige Lösung gefunden wird. Diese soll nur verhindern, dass kleine Kinder in einem unbeaufsichtigten Moment ins Wasser fallen und ertrinken. Andere Gefahren sollen nur abgemildert werden, ohne den Zugang zum Wasser zu verhindern. Die Lösung soll unter Berücksichtigung der hier vorgestellten Ideen gefunden werden. Dabei wollen wir der Gemeindeverwaltung nicht alles genau vorschreiben, denn wir sind keine Landschaftsgärtner oder Versicherungsexperten. Es ist uns wichtig, dass die Menschen von der Vogel- und Naturschutzgruppe Traisa einbezogen werden, damit sie für die Bedürfnisse der Natur sprechen können.

Magdalena Böttger, 14.10.2022